Erfolge zu Stichwort (LGBTI)

    Art 8 Abs1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) gewährleistet das Recht auf individuelle Geschlechtsidentität. Dies umfasst mitunter, dass Menschen nur jene Geschlechtszuschreibungen durch staatliche Regelung akzeptieren müssen, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen.

    Ausgehend davon hält das Landesverwaltungsgericht Wien ausdrücklich fest, dass der Staat die individuelle Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Geschlecht zu respektieren habe, unabhängig davon, ob Intersexualität oder Transidentität vorliege. Das Recht auf eine selbstbestimmte Geschlechtsidentität stehe jeder Person zu. Ein Zwang zur Eintragung einer vorgegebenen Geschlechtsbestimmung bestehe nicht und Art 8 EMRK ermögliche es, eine individuelle Geschlechtsidentität auch in öffentlichen Registern zum Ausdruck zu bringen. Wie das Landesverwaltungsgericht Wien zu Recht annimmt, ist die Unterscheidung zwischen Intersexualität und Transidentität daher nicht verfahrensrelevant.

    Hier wird vom BMI (Innenministerium) eine Revision (Amtsrevision) an den Verwaltungsgerichtshof gegen das stattgebende Erkenntnis des Landesverwaltungsgericht Wien ergriffen. Der BIV unterstützt nun die Revisionsbeantwortung – es bleibt spannend!

    Der Verfassungsgerichthof (VfGH) hat mit seiner Entscheidung vom 15. Juni 2018 das dritte Geschlecht anerkannt. Neben "männlich" und "weiblich" kann von nun an auch "divers", "inter", "offen" oder eine vergleichbare Bezeichnung im Personenstandsregister eingetragen werden. Die Geschlechtseintragung  muss ab sofort der selbstbestimmten Geschlechtsidentität entsprechen. Medizinische Eingriffe bei Neugeborenen oder Kindern zum Zwecke der Geschlechtszuordnung sind zu unterlassen. Damit hat der VfGH Alex Jürgen im vom Rechtskomitee Lambda - Präsidenten RA Dr. Helmut Graupner vertretenen Verfahren Recht gegeben. Der BIV hat das Verfahren mit 3.372,66 Euro unterstützt.(30.6.2018)

    Zum Erkenntnis VfGH 15.6.2018, G 77/2018
    Zur Initiative Geschlechtseintrag bei Intersexualität (428)
    Rechtskomitee Lambda: Verfassungsgerichtshof: ab sofort drittes Geschlecht

    Auch wenn im Parlament nun keine Grünen mehr vertreten sind, konnten die Ex-Abgeordneten mit ihren Abgeordnetenbeiträgen noch einen Meilenstein in der Geschichte der Gleichberechtigung unterstützten und damit vielen Paaren ein Weihnachtsgeschenk machen: Am 4. Dezember hob der Verfassungsgerichtshof das Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare als verfassungswidrig auf. Zudem öffnete er die Eingetragene Partnerschaft für verschiedengeschlechtliche Paare. Beides gilt ab 1. Jänner 2019.
     
    Der BIV unterstützte seit 2015 die Beschwerde zweier Mütter, deren minderjähriger Sohn aufgrund des Eheverbotes für gleichgeschlechtliche Paare zwangsweise unehelich sein musste. Der Verfassungsgerichtshof bestätigte nunmehr die Beschwerdegründe von Rechtsanwalt Dr. Graupner und hob die Bestimmungen im Allgemeinen Bürgerlichten Gesetzbuch und dem Eingetragene Partnerschaft-Gesetz wegen Gleichheitswidrigkeit auf.
     
    Die Trennung in zwei Rechtsinstitute bringe „somit – auch bei gleicher rechtlicher Ausgestaltung – zum Ausdruck, dass Personen mit gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung nicht gleich den Personen mit verschieden-geschlechtlicher Orientierung sind. Die damit verursachte diskriminierende Wirkung zeigt sich darin, dass durch die unterschiedliche Bezeichnung des Familienstandes ("verheiratet" versus "in eingetragener Partnerschaft lebend") Personen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft auch in Zusammenhängen, in denen die sexuelle Orientierung keinerlei Rolle spielt und spielen darf, diese offen legen müssen und, insbesondere auch vor dem historischen Hintergrund, Gefahr laufen, diskriminiert zu werden.“, so der Verfassungsgerichtshof. Er kommt daher zu folgenden Schluss: „Die gesetzliche Trennung verschiedengeschlechtlicher und gleichgeschlechtlicher Beziehungen in zwei unterschiedliche Rechtsinstitute verstößt damit gegen das Verbot des Gleichheitsgrundsatzes, Menschen auf Grund personaler Merkmale wie hier der sexuellen Orientierung zu diskriminieren.“ (5.12.2017)
     
    Siehe näher:

    Zur Initiative: Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare (411)
    Zur Entscheidung VfGH, G 258-259/2017-9 vom 4.12.2017

    Mit Fortschreiten des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte stieg wohl der Druck: Im November 2016 stimmte die ÖVP der notwendigen Änderung im Personenstandsgesetz endlich zu (siehe Regierungsvorlage (PDF) zum Deregulierungs- und Anpassungsgesetz 2016-Inneres, Artikel 4 Ziffer 11).

    Damit können Eingetragene Partnerschaften in Zukunft - wie auch Ehen - vor dem Standesamt geschlossen werden. Dies war seitens der ÖVP jahrelang blockiert worden. 2015 griff der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine vom BIV unterstützte Beschwerde auf und leitete gegen die Republik Österreich ein Verfahren ein (Dietz & Suttasom v Austria). Über 99 % aller Beschwerden schaffen diese Hürde nicht. (30.11.2016)

    Siehe näher Recht auf Eheschließung vor dem Standesamt (379)

    Der vom BIV unterstützte Prozess gegen das Land Tirol wegen ungerechtfertigter Kündigung wurde in erster Instanz gewonnen. Das Land Tirol hatte einen Dienstnehmer innerhalb der Probezeit wegen seiner HIV-Infektion und seiner Homosexualität gefeuert. Das Arbeits- und Sozialgericht am Landesgericht Innsbruck stellte eine Mehrfachdiskriminierung fest und spricht X über EUR 35.000,-- Schadenersatz zu, sowie lebenslang die Differenz zwischen seinem Einkommen und jenem Verdienst, den er bei einer üblichen Karriere beim Land Tirol erzielt hätte. Gegen dieses bahnbrechende Urteil wurde Berufung eingelegt (LG Innsbruck 30.12.2015, 45 Cga 122/13d-29). (30.09.2016)

    Siehe näher Diskriminierung eines HIV-positiven Homosexuellen (382)